“La ca del medic” von Pier Giorgio Manera

Das Haus in der Via Roma 45 im Zentrum von Murazzano wurde 1934 von Dr. Pietro Odello erbaut, der 1900 geboren wurde und es  als praktischer Arzt von Murazzano, Marsaglia und Igliano als Wohnhaus und Praxis nutzte.
Während der letzten Kriegsjahre von 1943 – 45 war es sowohl von den Partisanen als auch von der deutschen Besatzung vereinnahmt, die die Besitzer in einen Raum im ersten Stockwerk verbannten. Wie man sich gut vorstellen kann, war es eine Zeit entsetzlicher Erlebnisse und großer Angst.
In den letzten Jahren wurde das Gebäude vollständig renoviert und in gemütliche Ferienwohnungen eingeteilt.

Doktor Odello wird erwähnt von Beppe Fenoglio in der Erzählung „I discorsi sulle donne - Gespräche über Frauen“ (Teil des Sammelbandes „Racconti del parentado e del paese – Erzählungen über Verwandtschaft und Gefilde“),  die sich in der Osteria di Placido in Belvedere abspielt.

“ …Sicher war Doktor Odello ein seltsamer Typ“, bemerkt  Battista.  „Man würde niemals annehmen, dass ein Arzt so komischer Kerl sein könnte.“
Mit der Hand macht Carlo Taricco ein Zeichen, man solle ihn nicht stören, ihm den Stapel lassen. Er fährt fort:
„Heute erinnere ich mich nicht mehr daran, wie wir auf die Frauen des Veneto kamen.  Ich erinnere mich wirklich nicht mehr daran, es sind so viele Jahre vergangen.
Bedenkt, dass ich seit 1938 in Rente bin. Aber ich erinnere mich an das Wichtigste und zwar an das, was der Doktor Odello aus Murazzano über diese Frauen sagte.“
„Und, - was sagte er?“ – drängte Benedetto.
Placido hielt inne und hörte zu.
Taricco machte ein Zeichen, sie mögen sich gedulden.
„Doktor Odello war einer, der so viel Frauen-Erfahrung hatte, wie wir es uns nicht einmal erträumen können. Also, von den Frauen aus Venetien hat er mir dies gesagt…
Erinnert ihr euch noch an das Gesicht von Doktor Odello? Wenn er eine dieser Geschichten hervorholte, oder wenn er  sich geduldig die Bagatellen anhörte, die wir ihm erzählten und dachten, dass es wer weiß was für ernsthafte und wichtige Dinge wären. Die Augen zogen sich auf Stecknadelkopfgröße zusammen und in ihnen leuchtete ein listiges Feuer.
Und die Kinnbacken wurden von vielen, sehr vielen Falten überzogen, die alle in Richtung Mund zu rutschen schienen.“
„Ah ja,“ gab Demetrio zu, „Doktor Odello hatte ein listiges Gesicht…“ 

Um zu erfahren, was Dr. Odello über die Frauen des Veneto sagte, empfehlen wir Ihnen, das Ende der Erzählung von Beppe Fenoglio zu lesen.

Auch Luigi Barroero, ein anderer Autor der Langa beschreibt Dr. Odello in einer seiner Erzählungen mit dem Titel „r medic Udel“ (der Doktor Odello)

"…geschätzt und gemocht von allen durchquerte er die Hügel der Langa in seiner Kutsche, um Tausenden von Leidenden Erleichterung zu bringen. Vom Aussehen her eher ein Griesgram, war er doch mit einem großen Herzen ausgestattet, und es genügte das Lächeln eines Kindes, um ihn zu Tränen zu rühren. Er arbeitete unter schwierigsten Bedingungen, unter den Ärmsten, die unter Entbehrungen jeglicher Art zu leiden hatten, in einer Welt, in der die hauptsächlichsten Behandlungen in wenig mehr bestanden als im allgegenwärtigen Chinin und in der bitteren „Mixtur Pacelli“.  Es gelang ihm mit wenigen Heilmitteln, Hunderte von Menschen und Tieren zu retten: es war tatsächlich so, dass die Bauern ihn auch oft in die Ställe und zu den Schafen riefen…".